Der Hüter der Schwelle


Inhalt des Dramas

In den vier Mysterien Dramen von Rudolf Steiner begegnen wir einer Menschengruppe, deren Mitglieder bewusst die geistigen Welten betreten können oder wollen und deren Schicksalsfäden von einer weisheitsvollen Führung auf wunderbare Weise miteinander verwoben werden.

Im ersten Drama „Die Pforte der Einweihung“, das gegen Anfang des letzten Jahrhunderts spielt, durchlebt der Maler Johannes Thomasius durchaus subjektiv gefärbte Bilder der geistigen Welt. An seiner Seite stehen Benedictus, der spirituelle Lehrer und Maria, seine treue Mentorin.

Im zweiten Drama „Die Prüfung der Seele“, das drei Jahre später spielt, durchleben die sieben Protagonisten eine Rückschau auf eine frühere Inkarnation im Mittelalter. Sie fördert manche Schuldverstrickung und daraus resultierende Aufgaben und Lebenskorrekturen zu Tage.

Unser drittes Drama „Der Hüter der Schwelle“ spielt 10 Jahre später. Zunächst möchte ich die sieben Protagonisten vorstellen und das, was vermutlich in der Zwischenzeit geschah, andeuten.

Johannes Thomasius ist ein radikaler Stürmer und Schwärmer. Von Beruf Maler, strebt er als Schüler des Benedictus an der Seite der Weggefährtin Maria zur bewussten Geisterkenntnis. Doch nach der Rückschau auf die mittelalterliche Inkarnation fühlt er sich dem moralisch nicht gewachsen, sagt sich von allem los und will selbständig seine eigenen Wege gehen. Dabei gerät er in die Fänge Lucifers. Johannes hängt sein Künstlertum an den Nagel und sucht auf anderem Felde die Herausforderung: er leistet eine gigantische Denkarbeit und verfasst ein epochales Schriftwerk.

Seine Mentorin Maria ist eine reife, spirituell weit entwickelte Seele, die es sich wegen Schuld behafteter Handlungen im Mittelalter insbesondere zur Aufgabe gemacht hat, Johannes und Professor Capesius auf ihren Entwicklungswegen zu begleiten. Doch Johannes´ emanzipatorische Phase muss sie respektieren und hat zunächst keinen Kontakt zu ihm. Auch zu Professor Capesius scheint sie Abstand zu halten.

Professor Capesius wurde im zweiten Drama durch sein Rückschauerlebnis auf die mittelalterliche Inkarnation zerrissen. Sein irdischer Teil lebt seitdem herabgedämpft in einer Umnachtung. Sein geistiger Anteil bewegt sich durchaus bewusst und lernend in geistigen Gefilden, vor allem im Reich des Lucifers.

Dr. Strader ist ein leidgeprüfter Kämpfer. Ständig musste er mit seinem wissenschaftlich geschulten Denken gegen Zeugnisse der Geistwelt ankämpfen, bis er krank und erschöpft aus dem Mühlenrad des Wissenschaftsbetriebes aussteigt und Techniker wird. Bei seinem Kollegen Prof. Capesius trifft er auf die Seherin Theodora. Sie heiraten und Theodora eröffnet ihm durch ihre geistigen Schauungen den Zugang zum Anerkennen der geistigen Welten. Unter ihrer Inspiration entwickelt er das Modell eine „Energie-Maschine“, die es allen Menschen ermöglichen soll, frei und unabhängig von Zuhause aus ihre berufliche Arbeit zu verrichten.

Felix Balde ist ein weiser Natur-Mystiker, der nach langer Abgeschiedenheit allen interessierten Menschen von seinen geistigen Erkenntnissen willig berichtet. Seine Gattin Felicia hat die Gabe, heilsame Märchenbilder aus ihren Seelentiefen zu schöpfen. Zu Prof. Capesius fühlt sie eine tiefe Verbundenheit.

Benedictus ist der spirituelle Leiter und Begleiter dieser Gruppe und steht ratend und fördernd zur Seite. Er hat wohl als einziger den Überblick über Auftrag und Ziel seiner Schützlinge.

Bei den folgenden Inhaltsangaben bitte ich insofern um Nachsicht, als dass sich mir manche Stellen des Dramas nicht ganz erhellen wollten.

1. Bild (im Vorraum des Rosenkreuzer-Tempels)

Das erste Bild unseres Dramas führt uns in den Vorraum eines bisher im Verborgenen wirkenden Rosenkreuzer-Ordens. Die vier Leiter des Tempels (Hilarius Gottgetreu, Magnus Bellicosus, Albert Torquatus, Friedrich Trautmann)sind uns bereits im ersten und zweiten Drama begegnet: teils als führende Tempelritter in einer mittelalterlichen Inkarnation, teils in der jetzigen Inkarnation als spirituelle Lenker eines im Übersinnlichen zu verortenden Sonnentempels. Anwesens sind auch zwölf von ihnen eingeladene Personen, die sich wunderbarerweise bereits in einer mittelalterlichen Inkarnation begegnet sind. Damals waren sie Bäuerinnen und Bauern eines Dorfes, das im Konflikt mit den oben erwähnten Templern stand.

Die Rosenkreuzer wollen einen für ihre Bewegung bedeutsamen Schritt inaugurieren: Sie wollen Teile ihres bisher im Verborgenen bewahrten okkulten Wissens in die materialistisch gesinnte öffentlichen Kultur der Gegenwart einfließen lassen. Dies sei Auftrag zum Fortschritt der Menschheit gemäß den von ihnen befragten geistigen Quellen. Voraussetzung für diesen Schritt sei jedoch eines: es müsse zuerst ein Mensch ein Werk verfassen, das die Brücke schlagen kann von geisteswissenschaftlichen, okkulten Inhalten zur rationalen, positivistisch- wissenschaftlichen Denkweise. Nun scheint es Johannes Thomasius, dem ehemaligen Maler, tatsächlich gelungen zu sein, in jahrelanger Arbeit geisteswissenschaftliche Inhalte in eine solche Denk- und Sprechweise umzuschmelzen, dass sie wohlwollende Aufnahme in wissenschaftlichen Kreisen finden konnten. Die Rosenkreuzer haben ihn und die zwölf Personen der „Zivilgesellschaft“ daraufhin zu dem jetzigen Treffen eingeladen. Er solle sein Buch vorstellen und ihnen mit diesem Schritt den Weg eröffnen, ihre okkulten Weisheiten mit der Welt zu teilen. Die zwölf Personen diskutieren durchaus kontrovers, was sie von der Sache halten sollen. Eingeladen sind auch Dr. Strader und Felix Balde. Beide stützen das Vorhaben der Rosenkreuzer. Dr. Strader begründet dies mit seiner Erfindung einer Energie-Maschine, die jeden Menschen in Stand setzt, von Zuhause aus, nicht nur wie der heutige Computer Denken, Schrift und Sprache zu verarbeiten, sondern auch durchaus den produktiven Anteil der Arbeit von Zuhause zu leisten. Die daraus resultierende Befreiung des Menschen von einem Großteil der zwanghaften Arbeitspflichten, werde nun den Menschengeist nötigen, nach geistigen Inhalten, wie sie die Rosenkreuzer eröffnen, zu verlangen. Doch Thomasius erscheint nicht. Die Sitzung wird abgeblasen, die zwölf Personen verlassen den Saal.

2. Bild (im Vorraum des Rosenkreuzer-Tempels)

Hoffnungsvoll begrüßen die vier im Vorraum verbliebenen Rosenkreuzer, Dr. Strader und Felix Balde den verspäteten Johannes Thomasius. Maria, Johannes´ spirituelle Mentorin, von der er sich vor langer Zeit emanzipiert hatte, ist ebenfalls erschienen. Der Sinn ihrer Trennungsphase scheint erfüllt zu sein. Doch Johannes muss alle Hoffnung an seine Person und an sein Werk enttäuschen. Er sei Ahriman begegnet und der hätte ihn belehrt und ihm die Wahrheit eröffnet: Sein Werk müsse sich zum Bösen wandeln! Denn während er es verfasste, arbeitete Luzifer in seinem Unterbewusstsein und verstärkte Triebkeime, so dass sie in zukünftigen Inkarnationen unbeherrschbar würden und Ahriman Macht über ihn gewähren würden. Der Rosenkreuzer-Orden habe dieses tragischer Weise nicht erkannt und somit sein Anrecht auf Menschheitsführung verwirkt. Er selbst hätte das Buch nicht schreiben dürfen, sondern ein moralisch gefestigter Mensch. Alle, bis auf Maria, verlassen fluchtartig den Ort des Unheils. Johannes stürzt ins Nichts. Trost spenden seine nun erscheinenden, mit ihm verbundenen Seelen-Führerinnen Philia, Astrid, Luna. Die aus hohen geistigen Sphären tönende Stimme des Gewissens hält ihm den objektiven Spiegel seiner Lebenskrise vor. Doch Maria versichert ihm Liebe und Beistand und ist gewillt, ihn trotz aller Abstürze über die Schwelle in die geistige Welt zu geleiten. Selbsterkenntnis und weitere Entwicklungsschritte erhoffen wir dort für Johannes.

3. Bild (in Lucifers Reich)

Maria hatte gelobt, sich auch um Professor Capesius zu kümmern, denn sie hatte auch bei ihm karmisch etwas gutzumachen: In einer Inkarnation im Mittelalter hatte sie seinen Sohn (Johannes Thomasius) selbstsüchtig von ihm entfremdet. Sie trifft im Reiche Lucifers auf den Professor. Dieser lehnt seinen irdischen Leib und seine irdisch inkarnierte Persönlichkeit vehement ab und will nur Ich-los in Luzifers Welt „lernen“. Maria versucht die Wichtigkeit des irdischen Leibes für die Ich-Entwicklung deutlich zu machen, was Capesius aber nicht annehmen will. Denn Ich-bewusste Menschen brächten Lucifer Schaden. Dieser brauche hellsichtige, aber ohnmächtige Seelen. Nun bricht dieser Gesprächsfaden ab,Capesius entschwindet.

Lucifer erscheint. Er lenkt das Gespräch abrupt auf Johannes. Er gestattet Maria keinerlei Einmischung in Johannes Entwicklungsweg, dessen Ausgestaltung er für sich beansprucht, verbietet ihr alles Reden über Johannes, weil Worte in seinem Reich Taten seien und sie dadurch Realitäten schaffen würde. Benedictus eilt ihr zu Hilfe und zwingt Lucifer, Maria anzuhören und kündigt Marias „Liebekraft-Sieg“ an Johannes´ Seite an. Maria gebietet das Erscheinen von Johannes und dessen geistigem Begleiter, dem Doppelgänger. Lucifer unterliegt und muss dem zustimmen. Johannes´ Doppelgänger will Johannes aus Lucifers Machtbereich befreien. Der Doppelgänger berichtet, dass Johannes beim Verfassen seines Werkes nicht nur sein Denken, sondern ebenso sein Gefühlsleben geläutert hätte. Folglich werde Maria nicht mehr wie einst sinnlich von ihm begehrt, so dass er sich ihr wieder nähern dürfe. Der Doppelgänger fordert Johannes von Lucifer zurück, weil Johannes nun stark genug sei, in sein Spiegelbild zu schauen und ihm standzuhaltenden. Er wolle in Johannes Seelenwärme und Herzenskräfte erzeugen, damit dieser sich als Voll-Mensch zurückgewinne.

Da zieht Lucifer eine neue Trumpfkarte. Auch Lucifer will in Johannes warmes Eigensein erzeugen. Er lenkt Johannes´ einstige für Mariaempfundene Liebeskräfte um auf die Seherin Theodora. Dazu zwingt er Theodoras unbewusste Seele herbei und entflammt Johannes Doppelgänger, Theodora zu begehren. Der Doppelgänger will seine Liebe zu Theodora auf Johannes übertragen. So soll Johannes von Maria getrennt und in Lucifers Einflusssphäre gehalten werden.

Benedictus schickt nun Maria in den Kampf. Maria will hinfort nicht mehr in Eigenliebe Gedanken bilden, sondern nur noch, wenn sie ihre Wissens- Früchte den guten Göttern opfern könne. Diese Erkraftung könne sie auf Johannes übertragen und dieser könne damit Lucifer in die Schranken weisen. Lucifer durfte im Erdenurbeginn die Früchte der Weisheit verwalten, aber die Früchte der Liebe gebührten den Götterreichen. (Christus). Doch zunächst stürzt sich Johannes blindlings in die neue, unheilvolle Liebschaft.

4. Bild (im Heim von Theodora und Dr. Strader)

Dr. Strader und Theodora blicken auf sieben gemeinsame Ehejahre zurück. Als sie sich kennenlernten, war er körperlich und seelisch am Boden, weil er mit dem Verstandesdenken seine Geist-Erlebnisse nicht erklären konnte. Theodora ließ ihn durch ihre Liebe gesunden. Ihre geistigen Schauungen ermöglichten ihm den Zugang zum Anerkennen der geistigen Welten. Auch inspirierte sie Strader zu seiner bahnbrechenden Erfindung, einer Energie-Maschine, die dem Menschen Freiheit auf materiellem Felde bringen soll. Theodora vertraut ihm an, dass sie in letzter Zeit von einem sie ängstigenden Wesen seelisch besetzt würde. Und dieses Wesen sei Johannes Thomasius. Strader ist rat- und fassungslos.

5. Bild (bei Baldes im Waldhäuschen)

Theodora ist verstorben. Felicia und Felix betrauern gemeinsam mit Dr. Strader ihren Tod. Strader rätselt über ihre Wesensverwandlung ins Dunkle am Lebensende und welche Rolle Johannesdabei gespielt habe. Prof. Capesius, bislang geistig vollkommen abwesend, schaltet sich abrupt in das Gespräch ein. Er bestätigt, dass Johannes Theodora okkult besetzt und seelisch ausgesaugt habe und für ihren vorzeitigen Tod verantwortlich sei. Da erscheint Theodora als Geist-Seele unter ihnen – auch Strader kann sie schauen – und bittet die Anwesenden, Johannes nichtfallen zu lassen. Auch von ihrem Ehemann erbittet sie solchen Großmut. Strader willigt ein. Capesius drängt ihn, Benedictus Schüler zu werden, um Johannes retten zu können.

6. Bild (in Lucifers und Ahrimans Gefilden)

Capesius bewegt sich seit Jahren leibfrei in geistigen Welten und will mit seiner irdischen Inkarnation nichts mehr zu tun haben. Maria ist bei ihm im stürmisch bewegten, baumartig-verschlungenen Astral-Raum.

Mantren, die Benedictus auf Erden Capesius gegeben hat, tönen geistig durch diesen Raum. Maria erfühlt Benedictus´ Ankunft. Benedictus erklärt, dass Capesius nicht nur, wie bereits geschehen, den „Sinnesleib“ abzulegen habe sondern auch des „Denkens feines Leibgewebe“, um die geistige Welt wahrhaft schauen zu können. Denn nichts von seiner Eigenheit dürfe des Schauens Klarheit trüben und so soll Capesius lernen, sich von der Illusion der Subjektivität der Gedanken zu befreien. Die drei Seelenkräfte Philia, Astrid und Luna erscheinen und leiten das Schauen der nun als objektive Geistwesen erscheinenden Gedanken ein. Die Gedanken sind Capesius sehr vertraut, denn es sind die Mantren, die er jahrelang meditiert hatte. Als Quell der Gedanken entpuppen sich Lucifer! und Ahriman! Doch Lucifer spricht nur die Hälfte des Capesius vertrautem Mantrams: „In deinem Willen wirken Weltenwesen“. Die Gedankenwesen tanzen diese Gedankenformen. Ahriman ergänzt, aber ganz anders als im Original des Benedictus: „ Die Weltenwesen, sie verwirren dich“. Seine Worte werden ebenfalls von den Gedankenwesen getanzt.

Das wiederholt sich entsprechend zweimal: Lucifer: „In deinem Fühlen weben Weltenkräfte“, Ahriman: „Die Weltenkräfte, sie verführen dich“.

Lucifer: In deinem Denken leben Weltgedanken“, Ahriman: Die Weltgedanken, sie beirren dich.“

Capesius durchschaut nun, dass Gedanken und Gefühle aus Lucifer entstehen und nicht aus des Menschen Innerem. (Welchen Anteil Ahriman daran hat, wird nicht erklärt. Auch die Gefühle werden nicht dargestellt.)Er fragt nach dem Sinn dieser Täuschung, will seine eigene Seele befragen, doch befürchtet er, dass auch diese Antwort von Luciferstammen könne. Maria drängt ihn, in die Tiefen seiner Seele zu steigen. Capesius schreckt zurück, weil er sich vor der Furcht fürchtet, die aufsteigen könnte. Maria rät, Lucifer zu befragen, ob er der Verursacher der Furcht sei. Lucifer weist dieses von sich: als Stifter der Schönheit und der Künste senke er Wünsche aber keineswegs Furcht in die Seelen.

Ahriman gesteht freimütig, dass er die Menschen gottgleich machen wollte, die Götter ihn dafür von der Erde verbannt hätten und er den Menschen nur abgedämpfte Kräfte schicken könne; seine Kräfte auf dem Weg zur Erde sich aber in Furcht verwandelten.

Capesius gewinnt so Einsicht in die Wirksamkeit von Lucifer und Ahriman, auch Einsicht in die wahre Natur der Gedanken und wird mit Benedictus´ Unterstützung erkraftet, wieder die Verbindung mit dem irdischen Ich aufzunehmen.

Die Seele der ihm so vertrauten Frau Balde erscheint unverhofft in ihrer gewöhnlichen Kleidung, erzählt ihm das Märchen von der Phantasie und führt ihn damit zurück in die Erdenwelt.

7. Bild (vor dem Hüter Schwelle)

Johannes erscheint vor dem Hüter der Schwelle zur geistigen Welt. Maria begleitet ihn, so wie gelobt. Der Hüter will ihm den Zutritt zur geistigen Welt verwehren, weil Johannes mit seinen ungeläuterten Triebkräften nur Chaos anrichten würde. Johannes stürmt dem Hüter entgegen. Für ihn zählt nur die luziferisch gespeiste Begehrlichkeit nach Theodora und die ist seit ihrem (durch ihn selbst bewirkten)Tod nur in der geistigen Welt zu finden.

Maria setzt sich für sein Begehren ein und erklärt, dass Johannesim irdischen Bewusstsein nicht zu erreichen sei. Er müsse über die Schwelle dürfen, um die Christus-Stimme – vermittelt durch Maria – wieder hören zu können. Plötzlich taucht eine Vision aus einer seiner früheren Inkarnationen vor Johannes´ innerem Auge auf: Er beschreibt einen in jungen Jahren einst kriegerischen Greis, der sich selbst überwand und dessen Schüler er ehemals geworden sei. Zu diesem Greis fühle er sich liebend hingezogen. Er glaubt in diesem Greis die Person seiner begehrten Theodora zu erkennen. Der Hüter kündigt an, dass Johannes die wahre Identität dieses Greises erkennen würde, wenn er die Schwelle überträte.

Da erscheint Lucifer. Er verstärkt Johannes Trugschluss in dem Greis Theodora zu erschauen. Der Hüter kündigt Johannes ein schmerzvolles Erwachen an, gibt den Weg aber frei. Die andere Philia verunglimpft die Warnung des Hüters.

8. Bild (im Reiche Ahrimans)

Die Seelen der Rosenkreuzer Friedrich Trautmann (Zeremonienmeister) und Hilarius Gottgetreu (Großmeister) suchen nach dem Scheitern ihrer mit Johannes Thomasius erhofften Zusammenarbeit neue Weisungen für ihren Orden an einem für sie vertrauten geistigen Ort. Trautmann gruselt es hier, ahnt dass ein böser Geist dort herrsche, aber offenbar bekommen es beide nicht in die Bewusstseinsklarheit, dass hier Ahriman gebietet. Gottgetreu verteidigt Ort und Inspirationsquelle, „denn es müsse das Samenkorn dem Tode erst verfallen, ehe Leben wiederkehre.“ Ahriman vertraut ihnen keine neue Weisung an, denn er sieht Johannes durch das Verhalten der Rosenkreuzer – sie haben Maria wieder mit Johannes zusammengeführt- für sich verloren. Nun gilt es Strader und dessen Erfindung in seinen Machtbereich zu ziehen. Doch darum wolle er sich persönlich kümmern.

Benedictus´ Winke führen Dr. Strader in Ahrimans Reich. Mit ihm erscheinen die zwölf Personen aus dem ersten Bild. Sie befinden sich im Schlafbewusstsein und sprechen gänzlich unbewusst ihr Inneres aus. Ahriman kann sieben von ihnen für seine Ziele nutzen. Er möchte ihre Kräfte mit denen Dr. Straders vereinigen und für sich nutzbar machen. Fünf überlässt er Luzifer. Ahriman betont seine Unersetzlichkeit im Erdensein. Zunächst habe er ein Vorrecht an den Seelen, um sie erdentüchtig zu machen; reiften sie dann heran und würden geistempfänglich, dann versiege ihre starke Kraft im Erdenwerden, d.h. sie würden lebensuntauglich.

Strader muss Ahriman bei der Beurteilung der zwölf typischen Personen zustimmen. Doch diese Wahrheit gelte nur für Ahrimans Reich, nicht für die Erdenwelt. (Denn in letzterer herrscht nicht nur karmischer Zwang sondern auch die Gnade der freien Tat und Entwicklung. W.D.) So kann StradernurMitleid mit Ahriman empfinden.

Marias und Johannes´ gemeinsamer Schwellenübertritt führen auch sie in Ahrimans Reich. Johannes fühlt sich geängstigt und kraftlos. Maria spricht ihm Mut zu. Ahriman bestätigt das Ansinnen des hinzugetretenen Hüters, dass Johannes in seinem Reiche Wahrheit fände, doch in Schmerzen, weil in seinem Reiche die Wahrheit sich von der Freude trennen müsse. Ahriman fordert den Hüter auf, Johannes das Erkenntnislicht zu bringen, also Aufklärung darüber, wer in dem geliebten Greise tatsächlich stecken würde. Doch statt der ersehnten Begegnung mit Theodora entpuppt sich der Greis als sein eigenes ICH!

(Fazit: Johannes hat einen riesigen Schritt Richtung Selbsterkenntnis getan. Seine von Luzifer gespeiste Liebe zu Theodora war Eigenliebe. Indem er dies durchschaut, verliert Luzifer die Gewalt über ihn. Und dies wird ihm mit Ahrimans Hilfe klar!)

9. Bild (in freundlicher Morgenlandschaft, im Hintergrund die Fabrikgebäude einer Stadt)

Capesius dankt Benedictus für dessen Geleit in die Geistwelt mit Schau der Gedankenwesen und für seine dadurch bewirkte Selbstfindung und Erdung. Benedictus anerkennt die Vereinigung der Schicksalsfäden von Capesius, Johannes Thomasius und Strader zur kraftvollen Dreiheit, die Menschenheil fördern werde. Strader rätselt, warum Benedictus ihn in Ahrimans Reich versetzt habe, wo die zwölf Seelen nur danach taxiert wurden, ob sie Ahriman und damit seinem eignem Werke nutzbar seien. Strader erkennt seine karmischen Verbindungen zum Mystenbund (ehemalige Templer) und zu den 12 Menschentypen (ehemalige Bauern) und dass Ahriman diese Verbindungen für eigene künftige Zwecke nutzen wolle. Benedictus verweist auf das Gesetz von Maß und Zahl nach dem die Weltenmächte die Taten der Menschen lenken würden, so wie der Lauf der Sonne durch den Tierkreis das Geschehen auf der Erde bestimme. Auch Ahriman folge diesem Gesetz. Strader versichert, den Sinn von Maß und Zahl erkannt zu haben. Dies gäbe ihm die Kraft, sein Werk aus Ahrimans Einflusssphäre heraus- und Erdengöttern (Christus) darzubringen.

Maria und Johannes im Gespräch: Maria konstatiert, dass Johannes in Ahrimans Reich Selbsterkenntnis errungen habe und er somit geschützt sei vor trügerischen Bildern. Johannes erkennt darin Eigenliebe, die sich als Wissensdurst gebärden will. Auch Maria verweist auf das Gesetz von Maß und Zahl, wenn wirksame Werke geleistet werden sollen. Johannes leitet daraus ab, dass er künftig als Zweiheit zu wirken habe: mit einem höheren von Benedictus und Maria begabten Anteil und einem niederen, der seinen eignen Weg zu gehen habe und sich nicht in die Arbeit des höheren einzumischen habe. Maria stärkt ihn, Notwendigkeiten mutig zu tragen.

10. Bild (Im Inneren des Rosenkreuzer-Weihetempels)

Unsere sieben Protagonisten sollen die alten Mysten ablösen. Im Osten stehen Benedictus und Hilarius, im Süden Bellicosus und Torquatus im Westen Trautmann. Alles im Tempel habe nach Ordnung von Maß und Zahl zu geschehen. (Johannes, Strader und Capesius bündeln ihre Kräfte zur Dreiheit; sie werden ergänzt durch Maria, Felix und Felicia Balde und später durch die Seele der Theodora: die Siebenheit erscheint. Benedictus und die vier alten Mysten vollenden zur Zwölfheit. Auch die im Vorraum anwesenden Vertreter der gewöhnlichen Menschheit waren zwölf. W.D.) Benedictus erklärt, dass seine Schüler sich auf individuellen Wegen das Geisteslicht erschlossen hätten und es nun vereint, gesteigert fruchtbar machen sollen. Die vier amtierenden Mysten würden zu anderen Aufgaben abberufen. Thomasius habe zunächst unbewusst den Schritt in den Tempel blockiert, denn er war zu jenem Zeitpunkt noch nicht bewusst und geläutert über die Schwelle zur geistigen Welt getreten und hätte ansonsten die Einflüsse von Luzifer und Ahriman in den Tempel hineingetragen. Doch nun, nach dem bewussten Schwellenübergang, sei Thomasius ein neuer geworden. Durch den Schwellenübertritt konnte er die vermeintliche Liebe zu Theodora als Eigenliebe entlarven und Luzifer die Gewalt über seine Seele entreißen. So kann der Großmeister Hilarius seinem Nachfolger den Eintritt in den Tempel gewähren. Hilarius ermahnt Thomasius, sich an das strenge Wahrheitsgebot des Tempels zu halten, überreicht den Schlüssel des Amtes und segnet ihn. Thomasius nimmt die neue Aufgabe als Ruf des Schicksals demütig an. Doch nicht mit seinem unwürdigen niederen Anteil, sondern mit seinem zweiten höheren Menschen, den ihm Maria und Benedictus eingepflanzt hätten. Der erste Mensch dürfe sich niemals in die Arbeit des höheren Menschen drängen, sondern er habe sich separat zu entwickeln.

Capesius tritt zu Torquatus und Bellicosus im Süden. Torquatus setzt Capesius in den Tempeldienst ein, dort wo durch die Weisheit Liebe strömen solle. Torquatus warnt vor Lucifer, der sich in jedes Wort einzuschleichen drohe. Capesius habe vor Lucifers Thron gestanden und sei somit gewappnet für sein Amt. Capesius antwortet, er habe Lucifers Reich geschaut und die Kategorien Gut und Böse hätten sich für ihn erhellt. Gutes würde schlecht, wenn böser Sinn sich seiner bediene und Böses würde gut, wenn guter Sinn sich seiner bediene. Also seien auch Lucifers Taten für sich selbst weder gut noch böse. Torquatus bestätigt, dass Capesius wissen werde, was nötig sei im Tempel. Die Liebe verurteile nicht, sondern forsche, alles seinem Wesen gemäß zu gebrauchen.

Benedictus verkündet, dass Maria sich stützend mit der Dreiheit vereinigen werde.

Maria warnt vor der Gefahr, die drohe, wenn der Mensch, statt Lucifers Glanz und Schönheit zu bewundern, ihn auch in seinem Innern wirken ließe. Dort lebe der Erdenseele Liebeziel: „Nicht ich, der Christus lebt in meinem Sein“. Benedictus prophezeit, dass durch Marias Kraft der Christus in den Tempel hineinleuchten werde. Dadurch würde auch Marias karmische Schuld Capesius gegenüber abgetragen.

Bellicosus nimmt Felix und Felicia Balde in den Tempel auf. Der Tempel habe sich nun auch mit solchen Erleuchteten zu verbinden, die nicht auf seine Art zum Licht gelangt seien. Felicia erklärt, dass sie von den Geistesquellen ihrer Märchenbilder nur durch Capesisus etwas wisse. Felix erklärt, dass er von seinem inneren Führer und seinen prophetischen Bildern zum Tempel gewiesen wurde.

Trautmann legt dar, dass Strader in Ahrimans Reich den Stillstand alles Denkens erleben musste. Das Denken könne sich nur selbst ergründen, wenn Ahriman ihm entgegenstünde. Strader musste Zweifel und Wiederstände im eigenen Denken erleben, um sich so im Denken selbst kennen zu lernen. Strader bestätigt, dass Gedankenlicht ihm nur im Widerschein (Wiederstand)erstrahlte und seine Gedanken in Qualen und in Zweifel stille standen. Doch dann zeigte sich ihm das Geisteslicht durch volle sieben Jahre, vermittelt durch Theodora.

Theodora erscheint an seiner Seite und Strader will seine Worte im Tempel stets von Theodoras Geisteslicht bestrahlt wissen.

Abschließend segnen die vier Seelenkräfte die neuen Amtsinhaber.